Schäferei liegt im Blut. Schäfer Paul führt die Familientradition Schafzucht schon in der fünften Generation fort. Wir durften ihn in Aschaffenburg ein paar Mal begleiten und haben für euch einen kleinen Bilderbeitrag erstellt.
Unterwegs mit den Schafen
Früh morgens um 6 Uhr geht es schon los. Ganz wichtig ist Moritz der Hütehund. Er sorgt dafür, dass kein Schäfchen verlorengeht.
Heute bringen wir die Schafe auf eine neue Wiese, bis dorthin sind es circa acht Kilometer.
Der Großteil der Wegstrecke führt glücklicherweise durch den Wald. Unterwegs gib es ständig etwas zu knabbern und zu meckern. Selten, dass es still ist. Vor allem die kleinen Lämmer sind ganz begeistert von der neuen Umgebung und bleiben immer mal stehen um Neues zu entdecken. Aber die Mutterschafe passen auf und mähen, falls eines auf der Reihe tanzt und sofort springen die Lämmer ganz schnell hinterher.
Viele der Schafe sind schon alte Hasen und kennen die Wegstrecke. Sie wissen genau, wo noch Wildapfel-, Mirabellen- oder leckere Eichenbäume stehen und ihre Früchte am Boden verstreut haben. Erst wenn sie sich an die verschiedenen Nahrungsmittel gewöhnt haben, können sich die für die Verdauung wichtigen Bakterien im Magen bilden. Bekommen Schafe etwas Ungewohntes zu fressen, kann das schnell lebensgefährlich werden, deswegen bitte nie die Tiere mit Brot oder Ähnlichem füttern. Hier ist unser Zwischenstopp auf dem Weg zur neuen Wiese und für heute ist die Wanderung geschafft. Wir haben gleich nach der Ankunft das Nachtlager für die Schafe aufgebaut und mit Elektronetzen eingezäunt. Das hält die Schafe drinnen und Füchse draußen. Die Schafe übernachten gerne im Freien. Auf dem großen Wiesengrundstück können sie noch ein paar Halme knabbern und sich in Grüppchen schlafen legen.
Der neue Morgen ist da und wir sind seit aller Frühe unterwegs zum neuen Weidegrund. Heute müssen wir mit den Schafen durch einen kleinen Ort marschieren. Die Anwohner sind sehr erfreut von dem lauten Durcheinander und viele fotografieren begeistert die Herde. Der Spruch Schafe zur linken, das Glück wird dir winken, wird von vielen Personen, an denen wir vorbeimarschieren, zitiert. Nach fünf Stunden ist endlich das Ziel erreicht und die Schafe sicher auf dem neuen Weidegrundstück angekommen. Die Wanderung war für alle anstrengend und am Bachlauf im Wald wird getrunken und sich ausgeruht.
Auf der neuen Wiese frisst die Herde genüsslich das frische, grüne Gras. Hier können die Schafe eine Weile bleiben, bis das Gras abgefressen ist und die Herde weiter zieht.
Die Wolle kommt ab!
Heute ist der große Tag! Etwa 10 Wochen nach der Wanderung – Mitte Juni – sind die Schafe schon wieder am Stall. Jetzt ist es so weit, die Wolle muss runter. Die Merinowolle hat nun genau die richtige Länge erreicht. Um diese Jahreszeit ist es sehr warm und für die Schafe ist es äußerst angenehm von dem Wollvlies mit einem Gewicht von circa 4 bis 7 Kilogramm befreit zu werden. Ein gutes Wollvlies besteht aus komplett zusammenhängenden Wollfasern.
Geschoren wird von der Unterseite des Bauches angefangen, über das Hinterbein hoch zum Vorderbein. Anschließend wird der Rücken, das andere Vorderbein und zum Schluss das übriggebliebene Hinterbein geschoren. Lediglich die Schwanzwolle hängt nicht am Wollvlies, da sie sehr verschmutzt, und nicht für die Wollverarbeitung geeignet ist. Nur wenn das Vlies wirklich aus einem Stück ist, ist es zum Spinnen der Wolle geeignet.
Wie ihr sicher erkennen könnt, ist dies eine der anstrengendsten Ereignisse im Schäferjahr. Die Schafschur muss von geschultem Fachpersonal ausgeführt werden, welche die Schafe mit perfekten Handgriffen und unterschiedlichen Körpereinsatz fachgerecht und ohne große Verletzungen scheren. Natürlich sind die Schafe sehr aufgeregt und nervös. Daher ist es besonders wichtig, konzentriert und ruhig zu arbeiten, dann werden auch die Schafe ruhiger.
Endlich fertig!
Dieses Schaf ist neugierig und will nun endlich wieder auf die grüne Wiese zurück. Die Lämmer wurden noch nicht geschoren, dafür sind sie noch zu jung und die Wolle zu kurz. Erst mit über einem Jahr werden Schafe das erste Mal geschoren. Neugierig beschnuppern sie ihre geschorenen Mütter und wundern sich über den neuen Haarschnitt. Doch keine Bange, die leckere Schafsmilch ist schnell wieder spannender und bald trinken die Lämmer wieder gierig.
Wenn alle fertig sind werden die Tore geöffnet und die Herde strömt wild hinaus zur Wiese und weidet im satten Grün. Wir können uns noch nicht entspannen, erst müssen noch im Stall die restlichen Wollvliese verpackt und die Schermaschinen aufgeräumt werden.
Bis die Wolle wieder ein wenig nachgewachsen ist, weidet die Herde die nächsten Tage in der näheren Umgebung. So können sie die kühlen Nächte im geschützten Stall verbringen.
Die Herde zieht weiter
Seit der Schur sind sechs Wochen vergangen. Die Wolle ist gut nachgewachsen, so dass die Schafe die Temperaturunterschiede ohne Probleme verkraften. Jetzt kann die Herde weiterziehen und endlich wieder Tag und Nacht unter freiem Himmel verbringen.
Tagtäglich beobachtet Schäfer Paul die weidenden Schafe um sich herum nach Auffälligkeiten. Hinkt z. B. ein Schaf, so wird es gefangen, das Huf untersucht und der Stein oder ein Rosendorn entfernt, gegebenenfalls wird auch die Wunde gesäubert und mit Wunddesinfektion behandelt. Auch wenn die Hornschicht vom Huf ungleich abgelaufen ist, muss nachgeschnitten werden. Wenn gesunde Tiere viel unterwegs sind, reduziert sich die Hufpflege enorm, da sie durch das Laufen einiges an nachwachsendem Horn einfach „ablaufen“.
Hütehund Moritz hat immer – auch mit ein bisschen Abstand – seine Schäfchen genau im Blick. Er wartet geduldig auf seinen Einsatz und lässt sich durch nichts ablenken.
Zwischendurch wird am malerischen Bachlauf getrunken. Wer keinen Durst mehr hat, der füllt sich den Magen an dem frischen Grün der Waldlichtung. Die Lämmer springen über den Bach hin und her, wie eben ungestüme Jungtiere so sind. Von weitem erkennt man die hohen und tiefen Blöklauten der Mutterschafe und dazwischen die Rufe der Lämmer. Dennoch ist es für den Betrachter sehr entspannend dem quirligen Treiben zuzusehen und eine Pause zu machen.
Auf dem Bild könnt ihr gut erkennen, wie die Wolle an den Merinoschafen schon nachgewachsen ist. Trotzdem ist sie noch nicht lang genug, um vor der starken Mittagssonne zu schützen. Deshalb müssen die Schafe die große Mittagshitze unter schützenden Baumschatten verbringen, da sie – ebenso wie wir Menschen – einen fürchterlichen Sonnenbrand bekommen könnten.
Unter den großen Bäumen wird es auch ruhiger und die Jungtiere beginnen mit dem Mittags-schlaf. Die Muttertiere kauen noch gelassen die übriggebliebenen Halme ab.
Schafe gehören zu der Gattung der Steppentiere, das heisst sie sind sehr genügsame Weidentiere. Sie fressen sehr karge Wiesen und Uferböschungen, Magerwiesen in Naturschutzgebieten oder auch Wegränder und Waldlichtungen. Außerdem benötigen sie relativ wenig Wasser. In der kühleren, regenreichen Jahreszeit kommen sie oft tagelang ohne Wasser aus. Nätürlich nur, wenn keine Jungtiere zu säugen sind.
Gerne werden Schafe in unwegsameren Gelände eingesetzt um die Artenvielfalt verschiedenster Wildblumen und Wildkräuter zu erhalten. Die Schafe weiden alle Büschel und Halme ab, so dass die seltenen Pflanzen nicht vedrängt werden. Zudem düngen sie leicht den Boden, verteilen in der Wolle hängengebliebenes Saatgut, befreien die Wiese von unliebsamen Sträuchern und verdichten mit ihren Hufen die Mäusegänge. Dies ist bei der Uferbeweidung an Flussböschungen enorm wichtig, da sonst die Hochwaserdämme brechen können. Ihr seht also, Schafe sind wahre Naturschützer und nicht nur wegen ihrer Wolle wichtig.